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  • Jasmin

Die Geschichte von der alten Dame mit dem Goldkettchen

Aktualisiert: 21. Okt. 2020

Während ich in meiner Gedankenwelt versinke, erinnere ich mich an eine Geschichte von früher, die ich selbst erlebt habe und euch gerne erzählen möchte. Eine Geschichte, die mich im positiven Sinn geprägt hat und sie deshalb gut zur Erklärung der Grundsteine passt.


,,Kinder, alles aufräumen und sich bereit machen für s elfi glöggli,, sagte die Lehrerin. So standen wir Kinder auf dem Stuhl, formten unsere Hände zu einer Glocke und sangen unser tägliches Lied.

Bevor ich mich von meiner Lehrerin verabschiedete, erwähnte sie nochmals in einem sehr bestimmten Ton: ,,Jasmin, nicht vergessen, du hast heute Nachmittag frei, nochmals zur Erinnerung,,.

Ich war ein verträumtes Kind, das alles um sich herum vergessen konnte, deshalb war mir diese Erinnerung gerade recht. Doch ich liess mir nichts anmerken und tat so, als wäre ich bestens darüber informiert.

Überglücklich lief ich nach Hause und stellte mir schon den freien Nachmittag mit meiner Mutter und meiner Schwester vor.

Werden wir in den Wald gehen und ein Feuer mache? Oder doch lieber basteln?

Ach egal, dachte ich mir und lief weiter.



,,Hallo, ich bin zuhause!,, rief ich laut von der Wohnungstür aus. ,,Hallo Jasmin, Händewaschen und dann gibt es Mittagessen,, rief meine Mutter.


"Mama, Mama ich habe heute Nachmittag frei. Was werden wir unternehmen?,,

Sie schaute mich erstaunt an und meinte: ,,Böhnli, jetzt werden wir erst mal Mittagessen.,, Als wir mit dem Essen fertig waren, versuchte ich es meiner Mutter nochmals zu erklären was mir meine Lehrerin mitgeteilt hatte. Sie meinte jedoch nur, dass ich nicht richtig zugehört hätte.



Meine Mutter glaubte mir nicht und schickte mich nach dem Mittagessen wieder in den Kindergarten. Frustriert und wütend lief ich los.

Dort angekommen, schaute mich meine Lehrerin erstaunt an und fragte: ,,Was machst du hier? Ich habe dir doch heute morgen gesagt, dass du frei hast.,,

Ich schaute sie mit grossen Augen an und war frustriert. Doch der Frust und die Enttäuschung verflogen schnell, denn ich freute mich nach Hause zugehen und die Zeit mit meiner Familie zu verbringen.

Freudig wollte ich die Wohnungstür öffnen, doch sie war zu. Ich klingelte mehrmals aber niemand öffnete mir die Tür. Ich dachte mir nicht viel dabei und hoffte, dass Mama nur kurz einkaufen war.

Doch es kam niemand. So sass ich gefühlte Stunden auf der Treppe vor der verschlossenen Wohnungstüre und hoffte, dass sie bald nach Hausen kommen würden.

Einmal mehr versank ich in meiner Gedankenwelt und fragte mich, warum hat Mama mir nicht geglaubt? Wieso lassen sie mich hier ganz alleine? Sind meine Eltern mit meiner Schwester nach Zürich gegangen? (Wie sich später herausstellte, waren sie nach Zürich gefahren um Drogen zu beschaffen)

Ein Sturm voller Emotionen wirbelte um mich herum. Ich war wütend auf meine Mutter, weil sie mir nicht glaubte, wütend dass ich warten musste und wütend auf Zürich. Obwohl ich erst 6 Jahre alt war, sah ich eine Verbindung zwischen Zürich und dem Verhalten meiner Eltern. Ich wusste, in Zürich geschah etwas, was meinen Eltern nicht gut tat und sie veränderte. Doch was es war,

verstand ich damals als kleines Mädchen nicht.

Plötzlich hörte ich Schritte und hoffte, dass es nicht Frau Müller war. Denn diese Nachbarin wollte immer alles wissen und uns kontrollieren. Das mochte ich gar nicht.

Doch glücklicherweise war es die alte Dame, welche über uns wohnte. Ich mochte sie, sie war eine sehr ruhige Person und nicht wertend.

Ihre Art war sanft und wohlwollend.

Als sie mich sah, fragte sie mich: ,,Was machst du hier so ganz alleine? Ist deine Mutter nicht zu Hause?,,




Ich schaute sie an und erzählte ihr die ganze Geschichte mit dem Kindergarten und Mama. Darauf meinte sie: ,,Die werden bestimmt bald wieder hier sein, warte hier, ich komme gleich wieder.,,

Als sie kurze Zeit später wieder kam, nahm sie meine Hand und schenkte mir eine goldene Kette mit drei Perlen daran. Ich bedankte mich und fragte immer wieder nach, ob ich die wirklich behalten dürfe. Sie streichelte mir sanft über die Schulter und sagte: ,,Diese Kette soll dir Freude schenken und dir in schwierigen Momenten helfen. Schau sie dir ganz genau an und die Zeit wird schnell verfliegen. Sie schenkte mir noch einen lieben Blick und verschwand.




Immer wieder nahm ich die Kette in die Hand, bewunderte das Gold und war fasziniert von den Perlen. Der Glanz des Goldes verzauberte mich so sehr, dass ich wieder einmal mehr alles, um mich herum vergass. Emotional war mein Wirbelsturm wortwörtlich verflogen, nun schien die Sonne bis tief in mein Herz. Es hat mich sehr berührt, dass mich diese Dame wahrnahm, wohlwollend mit mir geredet hat und einfach einen Augenblick für mich da war…

Nun sind wir am Ende der Geschichte. Auch wenn sie noch weiter gehen würde, ist sie für mich hier zu Ende. Denn es geht hier nicht primär um die Sucht oder um das Verhalten meiner Eltern, sondern welche Rolle die alte Dame spielte. Sie ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie sie die Grundsteine umgesetzt hat. Mit ihren Worten und ihrem Dasein schenkte sie mir ein Gefühl von Vertrauen, Sicherheit und Liebe.

Verstehst du was ich damit erzählen möchte? Siehst du den Zusammenhang zwischen der Geschichte und den Grundsteinen?

Es sind nicht immer die grossen Dinge die etwas bewirken oder helfen können. Die alte Dame hatte es geschafft, der traurigen Geschichte ein schönes Ende zu bereiten.

Denn diese Situation prägte mich so sehr, dass ich die Kette nach 30 Jahren immer noch besitze und gerne an dieses Erlebnis zurückdenke. Ich erinnere mich nicht an das Gefühl der Traurigkeit und Enttäuschung, dass ich alleine gelassen worden bin, sondern an das Gefühl, dass jemand für mich da war, als ich es nötig hatte. Auch wenn die alte Dame meine Umstände nicht ändern konnte, machte sie in diesem Moment alles richtig!

Jasmin





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